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Foto © Bernhard Fuchs

Was in der Seele blüht -

Melodramen im Sogar-Theater
Die Geschichte der Liaison von Musik und Sprache ist lang und vielgestaltig, und neben all den gesungenen Worten, all den Liedern, Kantaten, Opern ist eines heute fast vergessen: das Melodram.
Gesprochenes, literarisches Wort gesellt sich hier zu untermalender, ausstaffierender, überzeichnender Instrumentalmusik, und wie quer diese Gattung zu unseren Hörgewohnheiten liegt, zeigte der erste Abend der Trilogie «Sprechmusiksprachen» im Sogar-Theater Zürich.
Sprache als Instrument
Peter Schweiger stand am Notenpult, sprach, rezitierte, fuhrwerkte mit der Sprache herum, als sei sie ein formidables Instrument. Dazu spielte Petra Ronner zurückhaltend und sachte das charmante alte Klavier mit seinem silbrig scheppernden Nachklang.
Robert Schumann, Franz Liszt, Ferruccio Busoni waren mit Melodramen vertreten, und ihre Klavierstimmen verleugneten nicht, wofür diese Komponisten noch heute stehen: schwelgerische Melodien, kühne Harmonik, steter Klangfluss.
Und doch waren ihre Melodramen so konzipiert, dass Wort und Musik immer wieder isoliert erschienen, einander Platz machten und Lücken hinterliessen, etwa in Robert Schumanns und Friedrich Hebbels «Ballade vom Heideknaben». Lediglich Carl Loewe nahm in Theodor Fontanes Ballade «Tom der Reimer» den beständigen Rhythmus des Reims auf, hüllte die gesprochenen Worte ganz in Musik.
Petra Ronner präsentierte in der Uraufführung ihres Melodrams «Petroleum, Petroleum» auf einen Text von Gustav Meyrink eine beständige, sich in tonal-atonale Reibungen einschwingende Klangfläche, die die Sprache trug wie das Wasser ein Boot mit wertvoller Fracht. Und obwohl Peter Schweiger seine Stimme virtuos einsetzte, ertappte man sich, zu ersehnen, dass entweder das Instrument verstummen oder der Gesang beginnen möge.
Das Wort als Musik
Schweiger jedenfalls trat den Beweis an, dass gesprochenes Wort allein wie Musik in den Ohren klingen kann. Er rezitierte Ernst Jandl mit der Kraft eines Bildhauers, der sein Material formt, schlägt, zerfurcht, er liess seinen «Blitz» krachen, deklinierte stoisch «l"amour / die tür / the chair», sprach weise als «Eulen» mit Eulen. «Ich möcht so was was in der seele aufgeht und dort blüht», sagte er in Jandls «Nasal». Das hat das Publikum an diesem kurzweiligen Abend in Zürich bekommen.Zürich, Sogar-Theater (Josefstrasse 106), bis 30. April. Teil 2 der Trilogie, «Storch und Stachelschwein», mit Texten von Robert Walser und Musik von Claude Debussy: 3. bis 5. Mai. Teil 3, «Karawane, die Treppe hinuntersteigend», mit Lautgedichten des 20. Jahrhunderts: 10. bis 12. Mai.
Jenny Berg; 30. April 2011, Neue Zürcher Zeitung; Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG

Foto © Bernhard Fuchs
Karawane, die Treppe hinuntersteigend, sogar Theater Zürich, 11.5.2011
Schwimmwesten fürs Publikum

Im Grenzbereich von Sprache und Musik: Peter Schweiger und Petra Ronner kommen dreimal nach St. Gallen. Unter dem Motto «Sprechmusiksprachen» sind die Pianistin Petra Ronner und der ehemalige St. Galler Schauspieldirektor Peter Schweiger dreimal in drei St. Galler Bibliotheken zu Gast. Sie entführen ab morgen in Melodramen und Lautgedichte.
«Eigentlich sollten wir ans Publikum Schwimmwesten verteilen, denn der Abend kann riskant werdend», lacht Petra Ronner. Mit «Karawane, die Treppe hinuntersteigend» geht es morgen im Sitterwerk los. Ronner und ihr Partner Peter Schweiger (bis 2004 Schauspieldirektor in St. Gallen) haben reiche Beute gemacht in der Welt des Melodrams, des Dadaismus und manch anderer experimenteller Form. Drei Abende in drei St. Galler Bibliotheken: Was bis letzte Woche als Trilogie im Zürcher Sogar Theater mit Klavier und Rezitation erfolgreich über die Bühne ging, kommt jetzt nach St. Gallen. «Vom Lautgedicht zur Sprechblase» ist der morgige «Karawane»-Abend untertitelt. Und der Blick auf den Programmablauf verspricht Spannendes, auf jeden Fall Un-Erhörtes, Überraschendes, Rares, aber auch Lustvolles.

Wenn Sprache musiziert
An allen drei Abenden der «Sprechmusiksprachen» wollen die Pianistin und der Schauspieler Grenzbereiche zwischen Wort und Sprache ausloten. Wann drängt es die Musik förmlich zur Sprache, wann fängt sie an zu sprechen? Wann wird Sprache musikalisch, wann musiziert sie? Welche unterschiedlichen, vielleicht auch experimentellen oder durchaus auch absurden Ergebnisse zeitigt das Aufeinandertreffen oder gar Aufeinanderprallen von Musik und Sprache? Man könnte die achtzehn Nummern des morgigen ersten lautgedichtigen und sprechblasigen Abends durchgehen. Da gibt es ein paar bekannte Dadaisten darunter, aber auch Schubert, Schönberg und Satie. Auch Pianistin Petra Ronner selbst hat sich daran gemacht, die Schnittstellen zwischen Sprache und Musik zu erkunden und eigene Klänge beizusteuern. Petra Ronner und Peter Schweiger tragen das fast kompendiumsmässig zusammen. Ein akademisches Programm über Dada, Lautgedicht und Musik-Wort-Experimente wird der Reigen aber natürlich nicht. Eher ein kleines neues Theaterstück selbst, morgen unterstützt auch durch Live-Elektronik mit Thomas Peter. «Karawane, die Treppe hinuntersteigend» will auch den Aufbruch in die Moderne nachzeichnen, als man dem überkommenen Wortideal des 19. Jahrhunderts nicht mehr traute und sich auf vielfältige Suche nach Sprache ohne Sinn machte, welcher sich dann hintenherum über die Musik allenfalls wieder in die Sprache hinein fädeln kann. Jedenfalls soll diese Begegnung mit Lautgedicht und Verwandtem ein belustigender, aber auch nachdenklicher Reigen werden, den die Pianistin im übrigen bewusst nicht auf einem Konzertflügel, sondern auf einem alten Klavier gestaltet.

Storch liebt Stachelschwein
Im Herbst sind Ronner und Schweiger nochmals zweimal in St. Gallen. Im «Sprechmusiksprachen»- Abend vom September verliebt sich ein Storch in ein Stachelschwein. Texte von Robert Walser übers Theater hat das Künstlerpaar mit Claude Debussys «La boît à joujoux» wieder selbst zu einer kleinen Theaterneuschöpfung kompiliert. Der dritte Abend im November präsentiert Melodramen einst und jetzt unter dem Titel «Laute Zählung». Zu hören sind dann Melodramen von Schumann, Liszt und Busoni. Aber auch sprachmusikalische Namen wie Ernst Jandl dürfen da natürlich nicht fehlen.

1. Abend «Karawane, die Treppe hinuntersteigend»: Morgen Mi, Sitterwerk St. Gallen, 20 Uhr. Teil 2 und 3 der Trilogie: 21.9., Bibliothek Vadiana; 23.11., Textilbibliothek (Textilmuseum), je 20 Uhr.

Martin Preisser, 17. Mai 2011 01:08:24, Tagblatt Online

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